Rechtliche Unterstützung für Fußballfans

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Wenn jeder Fanmarsch strafbar wird – Fanhilfen NRW und LAG Fanprojekte kritisieren das geplante Versammlungsgesetz

Mit großer Sorge nehmen wir, die Fanhilfen aus Nordrhein-Westfalen sowie die Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (LAG), den aktuellen Gesetzesentwurf der Landesregierung zur Einführung eines Versammlungsgesetzes zur Kenntnis, der am 6.5. im Innenausschuss beraten und noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Der unbestimmte Wortlaut sowie die Anwendbarkeit des Versammlungsgesetzes auch auf schlichte An- und Abreisen bei Fußballspielen lassen uns befürchten, dass bald jeder noch so friedliche Fanmarsch zu Strafverfahren gegen Fußballfans führen wird.

Fanmärsche sind elementarer Bestandteil der Fankultur. Sei es der einfache Gang vom Bahnhof zum Stadion bei einem Auswärtsspiel, ein organisierter Marsch durch die Stadt im Europapokal oder eine Demonstration mit fanpolitischem Inhalt – die Bilder von tausenden Fans, die durch die Straßen einer Stadt ziehen, sind jedem Sportbegeisterten vor Augen. Nicht selten sind die Fans dabei in einheitlichen (Vereins-) Farben oder in extra angefertigten Mottoartikeln unterwegs.

Diese Bilder könnten bald der Vergangenheit angehören. Bereits heute ist das bestehende Versammlungsgesetz anwendbar auf Fußballfanmärsche aller Art und kann beispielsweise zu Ermittlungsverfahren führen, wenn Schals im Winter zu weit oben im Gesicht getragen werden – Stichwort ,,Vermummung‘‘. Der Gesetzesentwurf der Landesregierung geht nun aber so weit, dass bereits auch nur die Teilnahme an einem Fanmarsch strafbar sein könnte, ohne, dass irgendeine konkrete Handlung vorgenommen wird.

Im Zentrum unserer Kritik steht dabei der §18 VersG-E NRW, das sogenannte Militanzverbot. Demnach soll es zukünftig verboten sein ,,eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder sonstige öffentliche Veranstaltung unter freiem Himmel zu veranstalten, zu leiten oder an ihr teilzunehmen, wenn diese infolge des äußeren Erscheinungsbildes

  1. durch das Tragen von Uniformen, Uniformteilen oder uniformähnlichen Kleidungsstücken
  2. durch ein paramilitärisches Auftreten oder
  3. in vergleichbarer Weise

Gewaltbereitschaft vermittelt und dadurch einschüchternd wirkt.‘‘

Die Formulierungen ,,in vergleichbarer Weise‘‘ und ,,Gewaltbereitschaft vermittelnd‘‘, bzw. ,,einschüchternd‘‘ sind dabei dermaßen offen formuliert, dass jeder Fanmarsch unter diese Begriffe gefasst werden könnte. Dass dies keine paranoide Befürchtung ist, zeigt die Tatsache, dass die Polizeibehörden schon in genau diese Überlegung eingestiegen zu sein scheinen. So findet sich in einer Sachverständigenstellungnahme der Hochschule der Polizei für den Innenausschuss beispielsweise der Passus, dass das Militanzverbot ein ,,durchaus bestehendes praktisches Bedürfnis z.B. bei Profi-Fußballspielen‘‘ (Prof. Dr. Norbert Ullrich) bediene. Darüber hinaus hegen wir aufgrund des unbestimmten Wortlauts starke Zweifel am verfassungsimmanenten Bestimmtheitsgrundsatz des Gesetzes.page1image86144page1image88256

Aus dem für sich allein problematischen Militanzverbot ergibt sich darüber hinaus das Problem, dass ein vermehrter Einsatz polizeilicher Maßnahmen gegen Fußballfans zu befürchten ist. Nach §14 VersG-E NRW (Gefährderansprache, Untersagung der Teilnahme oder Anwesenheit und Ausschluss von Personen) sollen zukünftig, sofern Annahmen vorliegen, dass eine Person gegen das Militanzverbot verstoßen wird, polizeilich präventive Maßnahmen (namentlich: Gefährderansprache, Teilnahmeuntersagung/-ausschluss, Meldeauflage) gegen diese Person ergriffen werden können.

Im Klartext heißt das: Wenn jeder Fanmarsch potenziell unter das Militanzverbot fällt, dann kann auch jeden einzelnen Fan im Vorfeld eine solche polizeiliche Maßnahme bis hin zu einer Meldeauflage treffen. Der Willkür wird an dieser Stelle Tür und Tor geöffnet.

Neben diesen Folgen des Militanzverbots hätte das neue Versammlungsgesetz noch weitere, teils erhebliche Auswirkungen auf Versammlungen von Fußballfans. Gemäß §16 VersG-E NRW (Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton) wären zukünftig, ab einer gewissen Größe, die bei Fußballspielen schnell erreicht sein wird, die permanente Überwachung von Fußballfanmärschen durch Drohnen zulässig, was eine neue Dimension der Überwachung und somit einen starken Eingriff in die Grundrechte der Fans darstellen würde. Darüber hinaus sehen wir die Versammlungsfreiheit durch die formalen Hürden, die das Gesetz für eine Versammlungsanmeldung vorsieht, zusätzlich eingeschränkt.

Wir rufen die Landesregierung daher eindringlich dazu auf den geplanten Gesetzesentwurf in seiner jetzigen Form zurückzunehmen und die Freiheit von Fußballfans, insbesondere in Bezug auf friedliche Fanmärsche, zu garantieren. Die Fankultur, die in Nordrhein- Westfalen an dutzenden Standorten und von auswärtigen Fans gelebt wird, darf nicht durch unnötige Repression unterdrückt werden.

Kurvenhilfe Leverkusen
Fanhilfe Dortmund
Fanhilfe Fortuna
Fanhilfe Mönchengladbach

Fanhilfe Münster
Kölsche Klüngel
Repressionsfonds Nordkurve

Landesarbeitsgemeinschaft der Fan Projekte NRW

Kooperationsvereinbarung zur Einrichtung und Erhaltung von Stadionallianzen – Stellungnahme der Fanhilfen in NRW

Mit Verwunderung haben wir in der zurückliegenden Woche vernommen, dass sich die nordrhein-westfälischen Vertreter der ersten und zweiten Bundesliga sowie das Innenministerium des Landes NRW auf den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung geeinigt haben. Dabei sieht das elfseitige Papier, das am morgigen Montag (13.09.2020) von den beteiligten Vertragsparteien ratifiziert wird, die Einrichtung und Erhaltung sogenannter „Stadionallianzen“ vor, die ausgewählte Handlungsfelder des Nationalen Konzeptes Sport und Sicherheit (NKSS) konkretisieren soll.  Ziel der Vereinbarung sei, die „Sicherheit im Zusammenhang mit Fußballspielen nachhaltig zu erhöhen, der Entwicklung von Gewalt entschieden entgegen zu treten und die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Akteure zu stärken“.  

Wir, ein Zusammenschluss von verschiedenen Fanhilfen aus Nordrhein-Westfalen, stehen dem Abschluss einer solchen Kooperationsvereinbarung äußerst kritisch gegenüber, da sie den örtlichen Polizeibehörden unter dem Vorwand der vermeintlichen Sicherheit neue Handlungsräume eröffnet und eine verstärkte Kriminalisierung von Fußballfans erwarten lässt. Dabei sind einige Inhalte des Papiers aus unserer Sicht besonders problematisch, weswegen wir sie im Folgenden skizzieren möchten: 

So sieht ein wesentlicher Punkt des Papiers vor, dass die unterzeichnenden Vereine zu öffentlichen Distanzierungen gedrängt werden können, wenn im Rahmen eines Fußballspiels „diffamierende Meinungsäußerungen“ durch Fans zu sehen oder zu hören waren. Eine solche Distanzierung „von unerwünschten Verhaltensweisen“ würde dabei „die Werteorientierung“ des jeweiligen Vereines „stärken und eine ‚Legitimierung‘ solcher Verhaltensweisen durch Verharmlosung oder Duldung“ verhindern. Hierbei ist jedoch besonders fragwürdig, dass eine Positionierung des Vereins bereits explizit unterhalb der Schwelle der strafrechtlichen Relevanz von Meinungsäußerungen eingefordert werden kann. Das erlaubt den Schluss, dass die Meinungshoheit künftig allein durch die Vertragspartner beansprucht wird, wodurch die Grenze des Sagbaren nicht mehr durch formelle Gesetze und ordentliche Gerichte, sondern durch örtliche Ordnungsbehörden definiert werden könnte. 

Doch auch die Durchführung von gemeinsamen Vorbesprechungen zu Stadionverbotsfahren stellt aus unserer Sicht einen Rückschritt in Bezug auf die Vergabepraxis von Stadionverboten dar. Lange Zeit erfolgte die Aussprache eines solchen Verbots ohne das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung oder einer vorherigen Anhörung des Betroffen, wodurch Stadionverbote jahrelang in der Kritik von Fanszenen und Fanverbänden standen. Erfreulicherweise haben sich in der jüngeren Vergangenheit allerdings an vielen Standorten Verfahren etabliert, die etwa ein Anhörungsrecht des Betroffenen oder eine Einbeziehung von Sozialpädagogen vorsehen und die Verhängung eines solchen Stadionverbotes somit an höhere Hürden knüpfen. Statt diesen Weg also konsequent weiterzuführen und auszubauen, stellt die Kooperationsvereinbarung leider auch in diesem Punkt einen Rückschritt dar. So wird der Polizei hier ein weitreichendes Mitspracherecht eingeräumt, wobei sie keinen Hehl daraus macht, zeitnah und konsequent ausgesprochene Stadionverbote als legitimes Mittel zur Gefahrenabwehr anzusehen und sie mit anderen polizeilichen Maßnahmen verzahnen zu wollen. Es ist daher zu befürchten, dass die Vergabe von Stadionverboten zukünftig wieder seltener dem Ultima Ratio-Prinzip unterliegen wird. 

Darüber hinaus empfinden wir auch die Forcierung einer gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit und die Schaffung „neuraligischer Punkte“ innerhalb der Stadien als problematisch.

Statt die Praktiken der Polizei angesichts wiederkehrender Konflikte mit Anhängern kritisch zu begleiten oder gar auf den Prüfstand zu stellen, fördern die Vereine stattdessen eine Verschiebung des Diskurses zu Gunsten der Polizei, die sich in der Öffentlichkeit zuletzt immer häufiger für ihre Maßnahmen rechtfertigen musste. Dazu zählt auch der zweifelhafte Austausch von Informationen über Fußballfans, der bisweilen zwar immer häufiger Datenschutzbeauftragte und Verwaltungsgerichte beschäftigt, aber trotzdem durch die „Stadionallianzen“ ausgebaut werden soll. 

Wir fordern die beteiligten Vereine in aller Dringlichkeit auf, den Sinn und Zweck des  Schulterschlusses mit dem Innenministerium zu hinterfragen und die Ausgestaltung der „Stadionallianzen“ mindestens grundlegend zu überarbeiten. Dabei ist in unseren Augen selbsterklärend, dass eine weitreichende Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden nicht ohne die vorherige Beteiligung von Fanorganisationen, Fanprojekten und anderen etablierten Institutionen erfolgen kann. Die beteiligten Vereine sollten nicht außer Acht lassen, dass sie gerade in diesen Tagen eine große Verantwortung für ihre aktiven Fans tragen. Wir erwarten daher, dass sie sich nicht zum politischen Spielball des Innenministers machen lassen und dabei mitwirken, die Rechte von Fans in und um die Stadien weiter einzuschränken.       

Kurvenhilfe Leverkusen

Fanhilfe Dortmund 

Fanhilfe Düsseldorf 

Fanhilfe Münster 

Fanhilfe Mönchengladbach 

Königsblaue Hilfe 

Kölsche Klüngel 

Einführung der Stadionverbotskommission

Am heutigen Tage wurden die Vorsitzenden der Bayer 04 Leverkusen Fanclubs darüber informiert, dass es in den letzten Wochen zu einer Ausarbeitung einer transparenten und in unseren Augen weitestgehend fairen  Ablaufpraxis hinsichtlich der Aussprache von Stadionverboten gekommen ist. Weiterlesen

Unverhältnismäßiger Polizeieinsatz beim Heimspiel gegen Frankfurt

Hallo Fanszene,

wir möchten mit folgendem Text kurz die Ereignisse des Heimspieltags gegen Eintracht Frankfurt resümieren und aufarbeiten. Als Fanhilfe der aktiven Fanszene haben wir den Großteil der Ereignisse dieses Spieltags selbst miterlebt und können uns demnach gut ein Bild des Tagesablaufs machen.

Nachdem sich am Spieltag die aktive Szene relativ früh an Ihrem Treffpunkt versammelte, fiel schon früh eine erhöhte Polizeipräsenz auf. Zunächst empfand man dies allerdings nicht als ungewöhnlich, da in den Tagen zuvor bereits seitens Bayer 04 und der Medien berichtet wurde, dass das Spiel gegen Eintracht Frankfurt eine gewisse Brisanz mit sich bringen würde und man sich entsprechend vorbereiten wolle.

Dass die erhöhte Polizeipräsenz nicht nur zum Schutz der beiden Anhänger aufgefahren wurde und gezielt gegen unsere Fanszene eingesetzt werden sollte, erfuhren die beteiligten Personen dann beim üblichen Gang zum Stadion. Auf dem Weg wurden erste Gerüchte laut, dass die Polizei im Stadion warte, mit dem Ziel Personen zu identifizieren, die möglicherweise an der Pyroaktion beim Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach beteiligt waren. Weiterlesen

Gemeinsame Stellungnahme der Kurvenhilfe Leverkusen und der Fan-Hilfe Mönchengladbach

In den letzten Tagen erreichte einige Anhänger der aktiven Fanszene von Bayer Leverkusen unangenehme Post der Polizei. Gegen Teile der Stadionverbotler – aber auch gegen Personen ohne Stadionverbot – wird für das Auswärtsspiel der Werkself in Mönchengladbach ein Stadtverbot für das gesamte Stadtgebiet in Mönchengladbach ausgesprochen! Dass Stadtverbote einen massiven Eingriff auf die persönliche Bewegungsfreiheit eines jeden Menschen ausüben, diesen in seiner Freiheit und in der Auslebung seiner Passion einschränken und die bloße Tatsache eines Stadtverbotes die betreffenden Personen pauschal kriminalisiert, denunziert und unter Umständen vor dem Arbeitgeber, der Familie, Freunden und Verwandten bloßstellt, wurde in der Vergangenheit häufig angeprangert und den entsprechenden Behörden dargelegt. (http://www.nk12.de/stadioneck-bleibt-heute-geschlossen/) Weiterlesen

Weitere Informationen zu den Vorkommnissen in Augsburg

Am gestrigen Samstag, den 05. März 2016 spielte unser Bayer beim FC Augsburg. Wie bereits gestern auf unserer Facebook-Seite angekündigt, gab es einen, aus unserer Sicht überzogenen, Polizeieinsatz und eine unter Gewalt angedrohte, länger andauernde Personalien Feststellung. Die Kurvenhilfe Leverkusen war bei den gestrigen Vorkommnissen in Augsburg ebenfalls vor Ort und möchte an dieser Stelle kurz über die Hintergründe des Polizeieinsatzes berichten. Wir bitten um Verständnis, dass wir aufgrund wohlmöglich anstehender Verfahren nicht all zu sehr auf Details eingehen werden. Weiterlesen

Pressespiegel 01.12.2015

Blau Weiß Rote Hilfe: Ungebetener Hausbesuch bei Hasso

Schwarz-Gelbe Hilfe: Freispruch im Fall einer gestohlenen Zaunfahne

Faszination Fankurve: Nordwestkurve Frankfurt zur Sicherheitsdebatte

Faszination Fankurve: Geldstrafe wegen „ACAB“ in Fangesang

Fanhilfe Hannover: Stellungnahme zu den Ereignissen auf der Anreise zum Auswärtsspiel in Mönchengladbach

Mainzer Fanhilfe: Polizeikontrolle in Köln

Legal Tribune Online: Foto mit Aus­weis ohne Tat­ver­dacht rechts­widrig

Faszination Fankurve: Polizei sorgt für Gästeblöcke ohne Ultras

Faszination Fankurve: Piraten stellen Fragen zu Fan-Dateien

Kölsche Klüngel: Feststellung von IMEI-Nummern rechtswidrig

Eiserne Hilfe: Tatbeobachter beim Fußball

SZ-Online: Gericht: Stuttgart-21-Polizeieinsatz war rechtswidrig

Schwarz-Gelbe Hilfe: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – Bücher lesen statt Straßen fegen

Königsblaue Hilfe: Auswärtsderby 2015 / 2016

Faszination Fankurve: Polizeikontrolle wurde zu Sicherheitsrisiko für Fans

NOZ: VfL-Besucher beklagen Schikanen und Willkür der Polizei

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