In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hielten sich etwa 30 Personen aus dem Fußballumfeld in einem Vereinsheim in Leverkusen-Küppersteg auf, um das Fußballspiel gegen Bochum und die famose Hinrunde der aktuellen Saison Revue passieren zu lassen. Die Stimmung in der Kneipe war bis zu diesem Zeitpunkt gelassen und friedlich.

Selbst als gegen 23:50 uniformierte Beamte der Leverkusener Polizei das Gebäude betraten, änderte sich die Stimmung in dem Vereinsheim nicht.

Die Polizisten sprachen die Clubmitglieder, die sich hinter der Theke befanden, an und berichteten von einer gemeldeten Ruhestörung. Daraufhin wurde die Musik sofort heruntergedreht. Als weitere Maßnahme zur Verhinderung der Ruhestörung wurden zudem die Fenster geschlossen und die Rollläden heruntergelassen.

Anschließend wurden den Polizisten die Personalien des Verantwortlichen ausgehändigt. Nach Umsetzung der Maßnahmen und Aufnahme der Personalien von einem der Mieter der Räumlichkeiten verließ die Polizei das Gebäude, und die Maßnahme war für die Beteiligten beendet.

Als kurze Zeit später ein weiterer Mieter zum Rauchen das Gebäude verließ, befand sich die Polizei weiterhin in der Nähe der Lokalität. Als sich erneut drei Beamte Zutritt zum Gebäude verschaffen wollten, zeigte sich der Mieter vor dem Lokal als solcher erkenntlich und verwies auf das Hausrecht. Zudem bekundete er seine Gesprächsbereitschaft gegenüber den Beamten, um in Erfahrung zu bringen, weshalb die Polizei nach der abgeschlossenen Maßnahme erneut den Zutritt in das Gebäude suchte. Die Polizei gab dem Mieter zu verstehen, dass sie sich nicht mit ihm „unterhalten werden“. Da die Beamten im Begriff waren das Hausrecht des Mieters zu verletzen, machte dieser von selbigem Gebrauch und untersagte den Polizisten den Zutritt zur Lokalität. Daraufhin wurde dem Mieter von vorne ins Gesicht geschlagen, die Beamten hinter ihm rissen ihn von der Treppe und fixierten ihn mit mehreren Kräften vor der Kneipe, wo er etwa 20 Minuten im Regen liegen musste, bis man ihn mit Handschellen in einen Streifenwagen setzte. Dabei ist anzumerken, dass dieser Mieter im Nachgang ohne Personalienfeststellung wieder freigelassen wurde.

An dieser Stelle verweisen wir auf die Pressemitteilung der Polizei NRW Köln vom 21.12.2023. Daraus geht hervor, dass die Polizei zu dem Zeitpunkt in einer aktiven Maßnahme vor der Lokalität Personalien von zwei „Randalierern“ aufgenommen hat und dabei durch Vermummte gestört wurde. Dies deckt sich jedoch nicht mit unseren Berichten, welche wir in den vergangenen Tage zusammengetragen haben.

Hierzu haben wir Zeugen befragt und uns mit deren Gedächtnisprotokollen auseinandergesetzt. Zudem wurde zahlreiches Bild- und Videomaterial ausgewertet, welches sich mit den Zeugenangaben deckt.

Im Zuge der Maßnahme gegen den einzelnen Mieter kamen ca. 10-15 Gäste aus der Kneipe heraus, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass die Personen teilweise nicht einmal im Bilde über die erste Maßnahme, innerhalb der Lokalität, aufgrund der eigentlichen Ruhestörung, waren.

Als die Gäste das Gebäude verließen, setzte die Polizei unmittelbar mehrfach Taser und Pfefferspray gegen mehrere Personen ein, wobei es zu mehreren Verletzten kam. Arztberichte hierzu liegen uns ebenfalls vor. 

Die betroffenen Gäste versuchten mehrfach, Gespräche mit den eingesetzten Beamten zu suchen, um die Lage zu deeskalieren und in den Griff zu bekommen. Im Laufe des Einsatzes wurden immer mehr Beamte vor der Lokalität zusammengezogen, welche  mit gezogenen Tasern, Pfefferspray und Hunden eine Drohkulisse aufbauten. Außerhalb der Lokalität befanden sich zu diesem Zeitpunkt etwa 10-15 Personen. Die Polizei erweiterte ihr Aufgebot rasant, so dass am Ende mindestens 13 Streifenwagen anwesend waren. Durch Zeugenaussagen und Videos vermuten wir hier mindestens 50 Polizisten. Erst zum Ende des Großaufgebots konnte eine Einsatzleitung gesprochen werden.

Diese gab an, zu dem Zeitpunkt selbst noch keine Angaben zu dem Geschehen machen zu können.

Wir als Kurvenhilfe Leverkusen hinterfragen dieses eskalierende Vorgehen der eingesetzten Beamten und fragen uns, wieso hierbei nicht auf Deeskalation und Gesprächsbereitschaft gesetzt wurde, zumal sich ein Ansprechpartner entsprechend zu erkennen geben hat?

Zudem zeigt sich nun, dass die Bedenken im Umgang mit Distanzelektroimpulsgeräten der Fanhilfen vor einiger Zeit nun Rechnung getragen wird und der Einsatz als solches stark hinterfragt werden muss, solange dieses Pilotprojekt fortgeführt wird. Augenzeugen und Beteiligte bringen zum Ausdruck, dass es auf sie so wirkte, als wollen die Beamten die Geräte schlicht einmal ausprobieren. Schaut man auf die Polizeieinsätze der letzten Wochen gegen Fußballfans erhärtet sich der Verdacht, dass man noch einige Trainings am lebenden Objekt vorzunehmen hat, bevor die EM im eigenen Land ansteht. 

Auch die Berichterstattung der Polizei Köln stellen wir in Frage, wäre es doch nicht das erste Mal, dass man bewusst falsche Informationen herausgibt, um die Öffentlichkeit zu täuschen und das eigene Handeln zu legitimieren. Es finden sich einige offen Punkte die einen rechts- und dienstkonformen Einsatz an diesem Abend in Frage stellen:

Wie kann es sein, dass eine Person durch zwei Taser gleichzeitig an Arm und am Bein getroffen wird, wo dieser doch nur gegen eine Person eingesetzt wurde?

Warum wurde im Nachgang den Betroffenen des Taser-Einsatzes kein Rettungswagen zur Verfügung gestellt, wie vorgeschrieben?

Warum wurden weitere Taser-Nutzungen nicht protokolliert? 

Aus welchem Grund setzt sich die Polizei trotz ausdrücklichen Hausverbots und Gesprächsbereitschaft des Mieters über dessen Entscheidung hinweg und will die Lokalität ohne Gefahr im Vollzug und fehlenden Durchsuchungsbefehl betreten und wendet hierfür sogar Gewalt an?

Wieso gab es so lange keinen Ansprechpartner oder eine Einsatzleitung, um die Gesprächsbereitschaft der Personen wahrzunehmen und deeskalierend zu wirken?

Wer hat die Entscheidungen im Laufe der Zeit getroffen, wo keine Einsatzleitung vor Ort war?

Abschließend bleibt für uns nur das Vorgehen der Beamten und die daraus folgende Berichterstattung massiv zu verurteilen. Man stellt sich mithilfe von Polizei- und Presseberichten in eine Opferrolle, während man ohne Grund unmittelbare Gewalt gegen einen legitimen Gesprächspartner angewendet hat, weil dieser auf seine Rechte hinwies. Darüber hinaus bringt man es im Nachgang fertig mehrfach Taser auf eine Menge von Menschen abzufeuern, welche größtenteils ihre Gesprächsbereitschaft signalisiert haben und besitzt dann noch nicht einmal den Anstand dies ordentliche zu protokollieren geschweige denn dienstkonform zu handeln und entsprechende Hilfe in Form von Sanitätern zur Verfügung zu stellen.

Wie schon zuletzt anderen Orts gesehen, ist die Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Beamten und deren zur Verfügung stehenden Mittel wie Taser, Pfefferspray oder Diensthunden nicht gegeben und muss überprüft werden. Ob es sich jetzt hierbei um einen Zufall oder um eine bewusste Eskalation zu Trainingszwecken handelt, kann jeder Leser für sich selbst entscheiden. Wir wissen auf alle Fälle, wie es bei Fußballfans ankommt.

Kurvenhilfe Leverkusen 22.12.2023