Rechtliche Unterstützung für Fußballfans

Kategorie: Allgemein

Stellungnahme zu den Vorfällen vom 20.12.2023

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hielten sich etwa 30 Personen aus dem Fußballumfeld in einem Vereinsheim in Leverkusen-Küppersteg auf, um das Fußballspiel gegen Bochum und die famose Hinrunde der aktuellen Saison Revue passieren zu lassen. Die Stimmung in der Kneipe war bis zu diesem Zeitpunkt gelassen und friedlich.

Selbst als gegen 23:50 uniformierte Beamte der Leverkusener Polizei das Gebäude betraten, änderte sich die Stimmung in dem Vereinsheim nicht.

Die Polizisten sprachen die Clubmitglieder, die sich hinter der Theke befanden, an und berichteten von einer gemeldeten Ruhestörung. Daraufhin wurde die Musik sofort heruntergedreht. Als weitere Maßnahme zur Verhinderung der Ruhestörung wurden zudem die Fenster geschlossen und die Rollläden heruntergelassen.

Anschließend wurden den Polizisten die Personalien des Verantwortlichen ausgehändigt. Nach Umsetzung der Maßnahmen und Aufnahme der Personalien von einem der Mieter der Räumlichkeiten verließ die Polizei das Gebäude, und die Maßnahme war für die Beteiligten beendet.

Als kurze Zeit später ein weiterer Mieter zum Rauchen das Gebäude verließ, befand sich die Polizei weiterhin in der Nähe der Lokalität. Als sich erneut drei Beamte Zutritt zum Gebäude verschaffen wollten, zeigte sich der Mieter vor dem Lokal als solcher erkenntlich und verwies auf das Hausrecht. Zudem bekundete er seine Gesprächsbereitschaft gegenüber den Beamten, um in Erfahrung zu bringen, weshalb die Polizei nach der abgeschlossenen Maßnahme erneut den Zutritt in das Gebäude suchte. Die Polizei gab dem Mieter zu verstehen, dass sie sich nicht mit ihm „unterhalten werden“. Da die Beamten im Begriff waren das Hausrecht des Mieters zu verletzen, machte dieser von selbigem Gebrauch und untersagte den Polizisten den Zutritt zur Lokalität. Daraufhin wurde dem Mieter von vorne ins Gesicht geschlagen, die Beamten hinter ihm rissen ihn von der Treppe und fixierten ihn mit mehreren Kräften vor der Kneipe, wo er etwa 20 Minuten im Regen liegen musste, bis man ihn mit Handschellen in einen Streifenwagen setzte. Dabei ist anzumerken, dass dieser Mieter im Nachgang ohne Personalienfeststellung wieder freigelassen wurde.

An dieser Stelle verweisen wir auf die Pressemitteilung der Polizei NRW Köln vom 21.12.2023. Daraus geht hervor, dass die Polizei zu dem Zeitpunkt in einer aktiven Maßnahme vor der Lokalität Personalien von zwei „Randalierern“ aufgenommen hat und dabei durch Vermummte gestört wurde. Dies deckt sich jedoch nicht mit unseren Berichten, welche wir in den vergangenen Tage zusammengetragen haben.

Hierzu haben wir Zeugen befragt und uns mit deren Gedächtnisprotokollen auseinandergesetzt. Zudem wurde zahlreiches Bild- und Videomaterial ausgewertet, welches sich mit den Zeugenangaben deckt.

Im Zuge der Maßnahme gegen den einzelnen Mieter kamen ca. 10-15 Gäste aus der Kneipe heraus, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass die Personen teilweise nicht einmal im Bilde über die erste Maßnahme, innerhalb der Lokalität, aufgrund der eigentlichen Ruhestörung, waren.

Als die Gäste das Gebäude verließen, setzte die Polizei unmittelbar mehrfach Taser und Pfefferspray gegen mehrere Personen ein, wobei es zu mehreren Verletzten kam. Arztberichte hierzu liegen uns ebenfalls vor. 

Die betroffenen Gäste versuchten mehrfach, Gespräche mit den eingesetzten Beamten zu suchen, um die Lage zu deeskalieren und in den Griff zu bekommen. Im Laufe des Einsatzes wurden immer mehr Beamte vor der Lokalität zusammengezogen, welche  mit gezogenen Tasern, Pfefferspray und Hunden eine Drohkulisse aufbauten. Außerhalb der Lokalität befanden sich zu diesem Zeitpunkt etwa 10-15 Personen. Die Polizei erweiterte ihr Aufgebot rasant, so dass am Ende mindestens 13 Streifenwagen anwesend waren. Durch Zeugenaussagen und Videos vermuten wir hier mindestens 50 Polizisten. Erst zum Ende des Großaufgebots konnte eine Einsatzleitung gesprochen werden.

Diese gab an, zu dem Zeitpunkt selbst noch keine Angaben zu dem Geschehen machen zu können.

Wir als Kurvenhilfe Leverkusen hinterfragen dieses eskalierende Vorgehen der eingesetzten Beamten und fragen uns, wieso hierbei nicht auf Deeskalation und Gesprächsbereitschaft gesetzt wurde, zumal sich ein Ansprechpartner entsprechend zu erkennen geben hat?

Zudem zeigt sich nun, dass die Bedenken im Umgang mit Distanzelektroimpulsgeräten der Fanhilfen vor einiger Zeit nun Rechnung getragen wird und der Einsatz als solches stark hinterfragt werden muss, solange dieses Pilotprojekt fortgeführt wird. Augenzeugen und Beteiligte bringen zum Ausdruck, dass es auf sie so wirkte, als wollen die Beamten die Geräte schlicht einmal ausprobieren. Schaut man auf die Polizeieinsätze der letzten Wochen gegen Fußballfans erhärtet sich der Verdacht, dass man noch einige Trainings am lebenden Objekt vorzunehmen hat, bevor die EM im eigenen Land ansteht. 

Auch die Berichterstattung der Polizei Köln stellen wir in Frage, wäre es doch nicht das erste Mal, dass man bewusst falsche Informationen herausgibt, um die Öffentlichkeit zu täuschen und das eigene Handeln zu legitimieren. Es finden sich einige offen Punkte die einen rechts- und dienstkonformen Einsatz an diesem Abend in Frage stellen:

Wie kann es sein, dass eine Person durch zwei Taser gleichzeitig an Arm und am Bein getroffen wird, wo dieser doch nur gegen eine Person eingesetzt wurde?

Warum wurde im Nachgang den Betroffenen des Taser-Einsatzes kein Rettungswagen zur Verfügung gestellt, wie vorgeschrieben?

Warum wurden weitere Taser-Nutzungen nicht protokolliert? 

Aus welchem Grund setzt sich die Polizei trotz ausdrücklichen Hausverbots und Gesprächsbereitschaft des Mieters über dessen Entscheidung hinweg und will die Lokalität ohne Gefahr im Vollzug und fehlenden Durchsuchungsbefehl betreten und wendet hierfür sogar Gewalt an?

Wieso gab es so lange keinen Ansprechpartner oder eine Einsatzleitung, um die Gesprächsbereitschaft der Personen wahrzunehmen und deeskalierend zu wirken?

Wer hat die Entscheidungen im Laufe der Zeit getroffen, wo keine Einsatzleitung vor Ort war?

Abschließend bleibt für uns nur das Vorgehen der Beamten und die daraus folgende Berichterstattung massiv zu verurteilen. Man stellt sich mithilfe von Polizei- und Presseberichten in eine Opferrolle, während man ohne Grund unmittelbare Gewalt gegen einen legitimen Gesprächspartner angewendet hat, weil dieser auf seine Rechte hinwies. Darüber hinaus bringt man es im Nachgang fertig mehrfach Taser auf eine Menge von Menschen abzufeuern, welche größtenteils ihre Gesprächsbereitschaft signalisiert haben und besitzt dann noch nicht einmal den Anstand dies ordentliche zu protokollieren geschweige denn dienstkonform zu handeln und entsprechende Hilfe in Form von Sanitätern zur Verfügung zu stellen.

Wie schon zuletzt anderen Orts gesehen, ist die Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Beamten und deren zur Verfügung stehenden Mittel wie Taser, Pfefferspray oder Diensthunden nicht gegeben und muss überprüft werden. Ob es sich jetzt hierbei um einen Zufall oder um eine bewusste Eskalation zu Trainingszwecken handelt, kann jeder Leser für sich selbst entscheiden. Wir wissen auf alle Fälle, wie es bei Fußballfans ankommt.

Kurvenhilfe Leverkusen 22.12.2023

Neue Handynummer

Hallo Bayer-Fans,

Wir sind ab sofort auf einer neuen Handynummer erreichbar!
0177-6517296

Meldet euch bei Problemen immer gerne bei uns!

Kurvenhilfe Leverkusen im September 2023

Kurvenhilfe unterstützt Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Augsburg 2016. Eine besondere Sternstunde im Fan-Dasein zwischen Repressionen und Ungleichgewicht. Der Auftritt im dortigen Stadion war mit einem Strauß an Auflagen garniert der seinesgleichen sucht, alles war verboten weil es beim vorangegangenen Besuch im dortigen Stadion zu einem Pyrotechnikeinsatz kam. So war auch das Einbringen von Fahnen für diesen Spieltag explizit verboten worden.

Eine ernstzunehmende Ultragruppe die sich Fahneneinsatz verbieten lässt wird man in Deutschland schwerlich finden. Das galt auch für diesen Tag. Zapp Brannigan (Name von der Kurvenhilfe geändert) war eine von mehreren Personen die eine Fahne in das Stadion einbrachten. Aus ermittlungstaktischen Gründen soll hier nicht näher auf die Art der Beförderung eingegangen werden, jedenfalls machte Zapp auf dem WC plötzlich unerfreuliche Bekanntschaft mit einer Hand voll Ordnern die ihn zuerst lautstark aus seiner Kabine befahlen und ihm im Anschluss unter Anwendung von körperlicher Gewalt seine Fahne entrissen und diese geraume Zeit für sich behielten.

Und hier beginnt die rechtliche Geschichte. Ordner dürfen das Hausrecht durchsetzen. Nicht mehr und nicht weniger. Soll heißen, sie hätten Zapp des Stadions verweisen dürfen oder aber ihm erklären, dass er nicht mit Fahne im Stadion verweilen darf. Zu einer Wegnahme der Fahne haben sie aber keinerlei rechtliche Legitimation. Und zum Einsatz von körperlicher Gewalt um ihre vermeintlichen Rechte durchzusetzen schon zweimal nicht.

Nachdem es im Zusammenhang mit dem Spiel zu in ihrer Gesamtheit wieder einmal unerträglichen Zusammenstößen mit der Polizei gekommen war und eine Flut von Anzeigen einging war Zapp nicht bereit das Unrecht gegenüber seiner Person einfach so hinzunehmen. Die unberechtigte gewaltsame Wegnahme von Eigentum eines anderen stellt dem Grunde nach erst einmal einen Raub dar und die Körperverletzungen gegen ihn wollte er ebenfalls nicht einfach hinnehmen wenn im Gegenzug jede noch so kleine falsche Bewegung als Landfriedensbruch eingeordnet werden sollte. Zapp erstattete also Anzeige gegen die Ordner.

Dieser Anzeige gab die Staatsanwaltschaft Augsburg keine Folge sondern stellte sich – trotz durch Zapp benannter Zeugen – auf den Standpunkt, der komplette Sachverhalt sei bereits durch anderweitige Ermittlungen bekannt. Diese Einschätzung überspitzte die Behörde noch dadurch dass sie – wohlgemerkt: ohne die benannten Zeugen zu hören – einen Strafbefehl gegen Zapp beantragte in dem ihm unter anderem vorgeworfen wurde er habe eine Straftat der Ordner erfunden. Der Strafbefehl wurde auch erlassen und Zapp hatte in einem Seitenast des Verfahrens massiv darum zu kämpfen, dass es am Ende eingestellt wurde.

Die Nichtverfolgung seiner Anzeige gegen die Ordner hingegen quittierte Zapp mit einer Beschwerde. Daraufhin „ermittelten“ die Behörden etwas lustlos herum was sich zum Beispiel daran zeigt, dass es ausreichte auf die benannten Zeugen weiterhin zu verzichten weil diese in etwa einen Zeugenbeistand beanspruchen wollten bzw. darum baten für eine Vernehmung nicht aus der Region Leverkusen anreisen zu müssen, sondern sich vor einer dortigen Dienststelle vernehmen zu lassen.

Das Verfahren wurde erneut ohne Ergebnis beendet und die Generalstaatsanwaltschaft half der Beschwerde ebenfalls nicht ab. Damit stand Zapp vor der merkwürdigen Situation, dass die Ermittlungsbehörden einfach seine Beweismittel nicht würdigen wollten. Nun gibt es rechtlich für Fälle in denen die öffentliche Klage durch die Staatsanwaltschaft nicht erhoben wird die Möglichkeit mittels eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung, auch als sog. Klageerzwingungsantrag bezeichnet, eine Anklage zu erreichen. Das Problem ist, dass hierzu zunächst fertig ermittelt sein muss, damit das zuständige Gericht dann prüfen kann ob zu Unrecht keine Anklage erfolgte und ggf. anordnen kann, dass eine solche erfolgen muss (was in der Praxis fast nie passiert, das nur am Rande). 

Hier allerdings lag das Problem darin, dass Zapp ja zunächst einmal wollte, dass ordentlich fertig ermittelt wird und seine Zeugen gehört werden. Für eine solche Anordnung, nämlich, dass das Gericht der Staatsanwaltschaft befiehlt, fertig zu ermitteln, findet sich keine gesetzliche Regelung. Allerdings gibt es bei verschiedenen Oberlandesgerichten in Deutschland die Auffassung, dass es einen solchen sogenannten „Ermittlungserzwingungsantrag“ in einer Analogie zu den gesetzlich vorhandenen Regelungen geben muss. Was wiederum bedeutet dass eben jene Gerichte den Antrag als zulässig behandeln und etwa anordnen dass die Staatsanwaltschaft die Vernehmung der benannten Zeugen durchführen muss.

Die genannte Auffassung, dass es einen solchen Antrag gibt vertrat zum relevanten Zeitpunkt auch das Oberlandesgericht München, an welches sich Zapp wegen dessen Zuständigkeit für Augsburg zu wenden hatte. Insofern war es natürlich naheliegend, sich dorthin mit einem entsprechenden Antrag zu wenden. Wohlgemerkt, Zapp kämpfte nach wie vor darum, dass irgendwer dafür sorgt, dass die von ihm benannte Zeugen einfach nur ordentlich vernommen würden um im Nachhinein nachweisen zu können, dass die Ordner rechtswidrig und strafbar auf ihn eingewirkt hatten.

Zapp stellte einen entsprechenden Antrag. Und Nun wurde es wirklich schräg: Während beim Oberlandesgericht München vorher von einem der Senate befürwortet wurde, dass es einen „Ermittlungserzwingungsantrag“ gäbe erhielt Zapp vom für ihn zuständigen anderen Senat die Mitteilung, dass es einen solchen Antrag eben nicht gibt und dieser daher unzulässig sei. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen dass der Auffassung in der Rechtssprechung (unter anderem des anderen Münchener Senats) dass es ein Erzwingungsverfahren mit der Anordnung der Aufnahme oder Fortführung von Ermittlungen gäbe nicht gefolgt werde.

Damit war klar dass es für Zapp neben einer hier zu vernachlässigenden (formal aber auch noch nötigen) Gehörsrüge nur noch den Gang zum Bundesverfassungsgericht geben kann, allein schon weil es ein für Jedermann erkennbares Unding ist, dass das eine Gericht so und das andere so agiert und es im speziellen offenbar beim Oberlandesgericht München noch davon abhängt bei welchem Senat man landet.

Im März 2017 erhob Zapp daher eine Verfassungsbeschwerde und rügte eine Reihe von Grundrechtsverletzungen, unter anderem die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör.

Das Bundesverfassungsgericht ist nun nicht gerade für seine rasanten Entscheidungen bekannt. Allerdings nimmt die Hoffnung eines Beschwerdeführers mit einem gewissen Zeitablauf nach und nach zu, dass zumindest nicht nur zwei Zeilen zur Antwort kommen die besagen, dass die Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wird (und rätselhaft lassen weshalb nicht). So war es schon ein wenig Hoffnung nährend, dass sich das oberste deutsche Gericht im Jahr 2017 nicht rührte. Nachdem auch 2018 nichts passierte war die Hoffnung noch größer. 2019, die Spannung stieg. Auch 2020 verstrich ohne Rückmeldung aus Karlsruhe. Erst im Januar 2021, also vier Jahre später, kam die Entscheidung: Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Frustrierend. Aber immerhin versah das Bundesverfassungsgericht seine Nichtannahmeentscheidung mit stolzen vier Seiten Begründung. Was alles andere als selbstverständlich ist. Im Wesentlichen lies das Gericht zwar die rechtlichen Fragen offen und begründete dies damit, dass die gegen Zapp gerichteten Straftaten nicht krass genug seien, weil der Anspruch auf effektive Strafverfolgung nur bei erheblichen Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, der sexuellen Selbstbestimmung und der Freiheit der Person in Betracht kämen. Letztlich fehle es bei Zapp an den feststellbaren Verletzungen. Drum herum gibt es dann noch ein paar Ausführungen dazu, dass Staatsanwaltschaft und Polizei den Sachverhalt aufklären müssen und Beweismittel sichern. Was Zapp aber nun auch nicht weiterhalf.

Nunmehr stand nur noch der Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte offen. Nachdem Zapp und die Kurvenhilfe nicht gewillt waren im Finale nicht anzutreten scheute man auch diesen Weg nicht. Nach Einreichung einer entsprechenden Beschwerde im August 2021 wurde diese bereits im Oktober 2021 für unzulässig erklärt. Mangels Begründung kann man nur mutmaßen weshalb. Etwa weil der zuständige Einzelrichter keinen (direkten) staatlichen Verletzungsakt gegenüber einem Bürger erkennen konnte. Aus Zapps Sicht freilich nicht verständlich weil ja Gegenstand der Beschwerde war, dass die Ermittlungen staatlicherseits nicht ordentlich geführt worden waren und die Möglichkeit einer entsprechenden Anordnung abgeschnitten wurde, aber der „Grundübergriff“ war nun durch Ordner erfolgt und nicht seitens der Polizei. Letzteres sind aber rein jene Überlegungen, die sich Zapp mit seinen rechtlichen Vertretern macht und nicht belastbar.

Als Fazit des Ganzen darf man wohl festhalten dass Zapp einen großen Fehler gemacht hat indem er es nicht so gehandhabt hat wie manch andere Kraft um das Fußballgeschehen und sich nach einem nicht unerheblichen Foulspiel zunächst minutenlang am Boden gewälzt hat und dann tage- oder wochenlang krankschreiben hat lassen. Wie die Sache dann abgelaufen wäre bleibt nur zu vermuten…

Wenn jeder Fanmarsch strafbar wird – Fanhilfen NRW und LAG Fanprojekte kritisieren das geplante Versammlungsgesetz

Mit großer Sorge nehmen wir, die Fanhilfen aus Nordrhein-Westfalen sowie die Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (LAG), den aktuellen Gesetzesentwurf der Landesregierung zur Einführung eines Versammlungsgesetzes zur Kenntnis, der am 6.5. im Innenausschuss beraten und noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Der unbestimmte Wortlaut sowie die Anwendbarkeit des Versammlungsgesetzes auch auf schlichte An- und Abreisen bei Fußballspielen lassen uns befürchten, dass bald jeder noch so friedliche Fanmarsch zu Strafverfahren gegen Fußballfans führen wird.

Fanmärsche sind elementarer Bestandteil der Fankultur. Sei es der einfache Gang vom Bahnhof zum Stadion bei einem Auswärtsspiel, ein organisierter Marsch durch die Stadt im Europapokal oder eine Demonstration mit fanpolitischem Inhalt – die Bilder von tausenden Fans, die durch die Straßen einer Stadt ziehen, sind jedem Sportbegeisterten vor Augen. Nicht selten sind die Fans dabei in einheitlichen (Vereins-) Farben oder in extra angefertigten Mottoartikeln unterwegs.

Diese Bilder könnten bald der Vergangenheit angehören. Bereits heute ist das bestehende Versammlungsgesetz anwendbar auf Fußballfanmärsche aller Art und kann beispielsweise zu Ermittlungsverfahren führen, wenn Schals im Winter zu weit oben im Gesicht getragen werden – Stichwort ,,Vermummung‘‘. Der Gesetzesentwurf der Landesregierung geht nun aber so weit, dass bereits auch nur die Teilnahme an einem Fanmarsch strafbar sein könnte, ohne, dass irgendeine konkrete Handlung vorgenommen wird.

Im Zentrum unserer Kritik steht dabei der §18 VersG-E NRW, das sogenannte Militanzverbot. Demnach soll es zukünftig verboten sein ,,eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder sonstige öffentliche Veranstaltung unter freiem Himmel zu veranstalten, zu leiten oder an ihr teilzunehmen, wenn diese infolge des äußeren Erscheinungsbildes

  1. durch das Tragen von Uniformen, Uniformteilen oder uniformähnlichen Kleidungsstücken
  2. durch ein paramilitärisches Auftreten oder
  3. in vergleichbarer Weise

Gewaltbereitschaft vermittelt und dadurch einschüchternd wirkt.‘‘

Die Formulierungen ,,in vergleichbarer Weise‘‘ und ,,Gewaltbereitschaft vermittelnd‘‘, bzw. ,,einschüchternd‘‘ sind dabei dermaßen offen formuliert, dass jeder Fanmarsch unter diese Begriffe gefasst werden könnte. Dass dies keine paranoide Befürchtung ist, zeigt die Tatsache, dass die Polizeibehörden schon in genau diese Überlegung eingestiegen zu sein scheinen. So findet sich in einer Sachverständigenstellungnahme der Hochschule der Polizei für den Innenausschuss beispielsweise der Passus, dass das Militanzverbot ein ,,durchaus bestehendes praktisches Bedürfnis z.B. bei Profi-Fußballspielen‘‘ (Prof. Dr. Norbert Ullrich) bediene. Darüber hinaus hegen wir aufgrund des unbestimmten Wortlauts starke Zweifel am verfassungsimmanenten Bestimmtheitsgrundsatz des Gesetzes.page1image86144page1image88256

Aus dem für sich allein problematischen Militanzverbot ergibt sich darüber hinaus das Problem, dass ein vermehrter Einsatz polizeilicher Maßnahmen gegen Fußballfans zu befürchten ist. Nach §14 VersG-E NRW (Gefährderansprache, Untersagung der Teilnahme oder Anwesenheit und Ausschluss von Personen) sollen zukünftig, sofern Annahmen vorliegen, dass eine Person gegen das Militanzverbot verstoßen wird, polizeilich präventive Maßnahmen (namentlich: Gefährderansprache, Teilnahmeuntersagung/-ausschluss, Meldeauflage) gegen diese Person ergriffen werden können.

Im Klartext heißt das: Wenn jeder Fanmarsch potenziell unter das Militanzverbot fällt, dann kann auch jeden einzelnen Fan im Vorfeld eine solche polizeiliche Maßnahme bis hin zu einer Meldeauflage treffen. Der Willkür wird an dieser Stelle Tür und Tor geöffnet.

Neben diesen Folgen des Militanzverbots hätte das neue Versammlungsgesetz noch weitere, teils erhebliche Auswirkungen auf Versammlungen von Fußballfans. Gemäß §16 VersG-E NRW (Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton) wären zukünftig, ab einer gewissen Größe, die bei Fußballspielen schnell erreicht sein wird, die permanente Überwachung von Fußballfanmärschen durch Drohnen zulässig, was eine neue Dimension der Überwachung und somit einen starken Eingriff in die Grundrechte der Fans darstellen würde. Darüber hinaus sehen wir die Versammlungsfreiheit durch die formalen Hürden, die das Gesetz für eine Versammlungsanmeldung vorsieht, zusätzlich eingeschränkt.

Wir rufen die Landesregierung daher eindringlich dazu auf den geplanten Gesetzesentwurf in seiner jetzigen Form zurückzunehmen und die Freiheit von Fußballfans, insbesondere in Bezug auf friedliche Fanmärsche, zu garantieren. Die Fankultur, die in Nordrhein- Westfalen an dutzenden Standorten und von auswärtigen Fans gelebt wird, darf nicht durch unnötige Repression unterdrückt werden.

Kurvenhilfe Leverkusen
Fanhilfe Dortmund
Fanhilfe Fortuna
Fanhilfe Mönchengladbach

Fanhilfe Münster
Kölsche Klüngel
Repressionsfonds Nordkurve

Landesarbeitsgemeinschaft der Fan Projekte NRW

Kooperationsvereinbarung zur Einrichtung und Erhaltung von Stadionallianzen – Stellungnahme der Fanhilfen in NRW

Mit Verwunderung haben wir in der zurückliegenden Woche vernommen, dass sich die nordrhein-westfälischen Vertreter der ersten und zweiten Bundesliga sowie das Innenministerium des Landes NRW auf den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung geeinigt haben. Dabei sieht das elfseitige Papier, das am morgigen Montag (13.09.2020) von den beteiligten Vertragsparteien ratifiziert wird, die Einrichtung und Erhaltung sogenannter „Stadionallianzen“ vor, die ausgewählte Handlungsfelder des Nationalen Konzeptes Sport und Sicherheit (NKSS) konkretisieren soll.  Ziel der Vereinbarung sei, die „Sicherheit im Zusammenhang mit Fußballspielen nachhaltig zu erhöhen, der Entwicklung von Gewalt entschieden entgegen zu treten und die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Akteure zu stärken“.  

Wir, ein Zusammenschluss von verschiedenen Fanhilfen aus Nordrhein-Westfalen, stehen dem Abschluss einer solchen Kooperationsvereinbarung äußerst kritisch gegenüber, da sie den örtlichen Polizeibehörden unter dem Vorwand der vermeintlichen Sicherheit neue Handlungsräume eröffnet und eine verstärkte Kriminalisierung von Fußballfans erwarten lässt. Dabei sind einige Inhalte des Papiers aus unserer Sicht besonders problematisch, weswegen wir sie im Folgenden skizzieren möchten: 

So sieht ein wesentlicher Punkt des Papiers vor, dass die unterzeichnenden Vereine zu öffentlichen Distanzierungen gedrängt werden können, wenn im Rahmen eines Fußballspiels „diffamierende Meinungsäußerungen“ durch Fans zu sehen oder zu hören waren. Eine solche Distanzierung „von unerwünschten Verhaltensweisen“ würde dabei „die Werteorientierung“ des jeweiligen Vereines „stärken und eine ‚Legitimierung‘ solcher Verhaltensweisen durch Verharmlosung oder Duldung“ verhindern. Hierbei ist jedoch besonders fragwürdig, dass eine Positionierung des Vereins bereits explizit unterhalb der Schwelle der strafrechtlichen Relevanz von Meinungsäußerungen eingefordert werden kann. Das erlaubt den Schluss, dass die Meinungshoheit künftig allein durch die Vertragspartner beansprucht wird, wodurch die Grenze des Sagbaren nicht mehr durch formelle Gesetze und ordentliche Gerichte, sondern durch örtliche Ordnungsbehörden definiert werden könnte. 

Doch auch die Durchführung von gemeinsamen Vorbesprechungen zu Stadionverbotsfahren stellt aus unserer Sicht einen Rückschritt in Bezug auf die Vergabepraxis von Stadionverboten dar. Lange Zeit erfolgte die Aussprache eines solchen Verbots ohne das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung oder einer vorherigen Anhörung des Betroffen, wodurch Stadionverbote jahrelang in der Kritik von Fanszenen und Fanverbänden standen. Erfreulicherweise haben sich in der jüngeren Vergangenheit allerdings an vielen Standorten Verfahren etabliert, die etwa ein Anhörungsrecht des Betroffenen oder eine Einbeziehung von Sozialpädagogen vorsehen und die Verhängung eines solchen Stadionverbotes somit an höhere Hürden knüpfen. Statt diesen Weg also konsequent weiterzuführen und auszubauen, stellt die Kooperationsvereinbarung leider auch in diesem Punkt einen Rückschritt dar. So wird der Polizei hier ein weitreichendes Mitspracherecht eingeräumt, wobei sie keinen Hehl daraus macht, zeitnah und konsequent ausgesprochene Stadionverbote als legitimes Mittel zur Gefahrenabwehr anzusehen und sie mit anderen polizeilichen Maßnahmen verzahnen zu wollen. Es ist daher zu befürchten, dass die Vergabe von Stadionverboten zukünftig wieder seltener dem Ultima Ratio-Prinzip unterliegen wird. 

Darüber hinaus empfinden wir auch die Forcierung einer gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit und die Schaffung „neuraligischer Punkte“ innerhalb der Stadien als problematisch.

Statt die Praktiken der Polizei angesichts wiederkehrender Konflikte mit Anhängern kritisch zu begleiten oder gar auf den Prüfstand zu stellen, fördern die Vereine stattdessen eine Verschiebung des Diskurses zu Gunsten der Polizei, die sich in der Öffentlichkeit zuletzt immer häufiger für ihre Maßnahmen rechtfertigen musste. Dazu zählt auch der zweifelhafte Austausch von Informationen über Fußballfans, der bisweilen zwar immer häufiger Datenschutzbeauftragte und Verwaltungsgerichte beschäftigt, aber trotzdem durch die „Stadionallianzen“ ausgebaut werden soll. 

Wir fordern die beteiligten Vereine in aller Dringlichkeit auf, den Sinn und Zweck des  Schulterschlusses mit dem Innenministerium zu hinterfragen und die Ausgestaltung der „Stadionallianzen“ mindestens grundlegend zu überarbeiten. Dabei ist in unseren Augen selbsterklärend, dass eine weitreichende Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden nicht ohne die vorherige Beteiligung von Fanorganisationen, Fanprojekten und anderen etablierten Institutionen erfolgen kann. Die beteiligten Vereine sollten nicht außer Acht lassen, dass sie gerade in diesen Tagen eine große Verantwortung für ihre aktiven Fans tragen. Wir erwarten daher, dass sie sich nicht zum politischen Spielball des Innenministers machen lassen und dabei mitwirken, die Rechte von Fans in und um die Stadien weiter einzuschränken.       

Kurvenhilfe Leverkusen

Fanhilfe Dortmund 

Fanhilfe Düsseldorf 

Fanhilfe Münster 

Fanhilfe Mönchengladbach 

Königsblaue Hilfe 

Kölsche Klüngel 

Fanhilfen kritisieren Beschlussvorschlag für Innenministerkonferenz

Auf der anstehenden Innenministerkonferenz (IMK) vom 04. bis 06. Dezember 2019 in der Hansestadt Lübeck sollen erneut Gesetzesverschärfungen gegen Fußballfans beschlossen werden (https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/fussball-pyrotechnik-innenminister-fahrerlaubnis-entziehung-landfriedensbruch-stadion-stoerer/?r=rss).
 
Die IMK soll demnach unter anderem eine härtere Bestrafung des Abbrennens von Pyrotechnik, eine Reformierung des Landfriedensbruchs sowie den Entzug der Fahrerlaubnis bei Vergehen im Zusammenhang mit Fußballspielen beschließen.
Die Fanhilfen kritisieren allein die Debatte über derlei Maßnahmen als realitätsfremd, unverhältnismäßig und rechtswidrig.
 

Weiterlesen